Aus dem innerem und äusseren Leben der Ehsten
F. J. Wiedemann


Inhalt

Vorwort

1. Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten, Sentenzen, geflügelte Worte

2. Umschreibende, bildliche und verblümte Bezeichnungen und Redensarten

3. Sprichwörtliche Vergleichungen

4. Wünsche, Verwünschungen, Betheuerungen, Spitznamen

5. Räthsel

6. Deutungen von Vogelstimmen und anderen Lauten, Buchstaben

7. Spiele

8. Gebräuche bei Vorkommnissen des Familienlebens

9. Haushalt
a) Regele und Gebräuche
b) Omina für den ländlichen Haushalt

10. Witterungsomina

11. Bedeutung gewisser Zeiten und Tage im Jahr und was an denselben gethan oder unterlassen werden muss

12. Heilmittel, natürliche und sympathetische

13. Zauber und Mittel dagegen

14. Heilige und bedeutungsvolle Stellen, Opfer und Gebräuche bei denselben

15. Uebermenschliche Wesen

16. Abergläubische Vorstellungen von natürlichen Wesen und Naturerscheinungen

17. Abergläubische Vorstellungen von Andeutungen dessen, was geschieht oder geschehen wird (Omina, Orakel)

18. Verschiedene abergläubische Gebräuche und Vorstellungen von Ursachen und Wirkungen

Vorwort

Während der zwölf Jahre, wo ich mit der Sammlung des Stoffes für mein Wörterbuch und meine Grammatik der ehstnischen Sprache beschäftigt war, hatte ich Gelegenheit noch manches Andere über die Ehsten zusammen zu bringen aus ihrem inneren und äusseren Leben, wie Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten. Räthsel, Spiele, Gebräuche bei verschiedenen Vorkommnissen und Geschäften des häuslichen Lebens, eigenthümliche und abergläubische Vorstellungen von verschiedenen Dingen, Zauber- und Geisterglaube u. d. gl. Einen wissenschaftlichen Werth erlangt so etwas freilich erst durch comparative Bearbeitung, allein der Umstand, dass ich selbst zu einer solchen mich nicht competent fühle, schien mir doch noch kein genügender Grund zu sein meine Sammlungen ganz zu unterdrücken, da Anderen, die auf diesem Arbeitsfelde besser heimisch sind, durch die Herausgabe ein, wie ich hoffe, nicht unwillkommener Arbeitsstoff geboten wird. Ich gebe also hier, was ich habe, als ganz anspruchloses Material, Anderen die Verwerthung desselben überlassend.

Etwas nach allen Richtungen hin Vollständiges zu geben, bin ich weder Willens noch im Stande gewesen. Gedruckte, leicht zugängliche Werke, deren Titel schon anzeigt, dass ihr Inhalt etwas von dem hier Gebotenen enthält - wie etwa die ehstnischen Volkslieder von H. Neus, die neue und vermehrte Auflage des alten Boecler über den Aberglauben der Ehsten von Dr. F. Kreutzwald, die mythischen und magischen Lieder der beiden Genannten - habe ich nicht wieder aus schreiben mögen; ich gebe, was ich durch schriftliche öder mündliche Mittheilung selbst erfahren, nur von Sprichwörtern und Räthseln habe ich Alles zusammen gestellt, was ich irgend wo fand, sonst aber habe ich früher schon Gedrucktes nur dann mit auf genommen, wenn es in Zeit- oder anderen Schriften verstreut war, die entweder nicht so leicht Jedem zur Hand sind, oder wo man dergleichen vielleicht auch nicht gerade suchen mag. Eben so wenig aber habe ich mich ängstlich bemüht, früher schon bekannt Gewordenes zu vermeiden und aus meinen eigenen Sammlungen jedes Einzelne darauf zu prüfen, ob es nicht etwa vorher schon von einem Anderen publicirt war, und in diesem Falle dann weg zu lassen. Ich gebe einfach das mir Vorgekommene, und es mag früher Publicirtem zur Bestätigung, wenn nicht mehr zur Ergänzung dienen.

Es bedarf wohl kaum der Erinnerung, dass so mancher Aberglaube, wenn auch in der Präsensform hier davon berichtet wird, bei der durch den erfreulichen Aufschwung des Schulwesens immer weiter und tiefer in das Volk dringenden Bildung, jetzt in vereinzelte, dunkle Schlupfwinkel zurück gedrängt ist, aus welchen er sich. nicht mehr an's Tageslicht heraus wagt, oder auch schon ganz antiquirt ist; für die vergleichende Ethnographie bleibt es aber am Ende ziemlich gleichgültig, ob diese oder jene Eigenthümlichkeit eines Volkes auch in der Gegenwart noch fort existirt oder schon der Vergangenheit anheim gefallen ist, und eben so, an welcher Stelle des Landes oder in welcher Ausdehnung sie sich etwa noch vorfindet.

Sehr schwierig war die Anordnung des aus unzähligen Einzelnheiten bestehenden Stoffes, und ich verzichte von vorn herein auf die Hoffnung es darin Allen recht gemacht zu haben. Nach den Ueberschriften scheinen die letzten Abschnitte allein vom Aberglauben zu handeln, und doch ist nicht zu läugnen, dass auch in den vorhergehenden viele Meinungen und Gebräuche auf Aberglauben beruhen; ich habe eben versucht auch die abergläubischen Vorstellungen zu gruppiren nach den Gegenständen, auf welche sie sich beziehen, oder nach den Zeiten und Gelegenheiten, bei welchen sie sich geltend machen. Manches kann auf diese Weise zu mehr als einer Stelle berechtigt erscheinen, und findet sich vielleicht nicht gerade an derjenigen, wo es dieser oder jener Leser zu finden erwartet; Einzelnes ist auch wohl an mehr als. einer Stelle erwähnt.

Ich bin bei der Abfassung auch dieser letzten die Ehsten betreffenden Schrift, wie bei den beiden ihr voran gegangenen, durch freundliche Mittheilungen unterstützt worden, so besonders von den Herren Propst Fick, Pastor Hurt, Lehrer Kallas, Doctor Kreutzwald und Pastor Sengbusch, denen ich mich gedrungen fühle hiermit öffentlich meinen verbindlichsten Dank zu sagen.